Rund 15000 Delegierte aus 128 Ländern und etwa 5000 Industrievertreter:innen der Branche nahmen am heurigen ESCRS-Kongress in Wien teil. Ingesamt gab es 367 Sessions, welche von 1882 Ärzt:innen betreut beziehungsweise moderiert wurden. Somit war der ESCRS-Kongress auch heuer wieder die größte augenärztliche Fachveranstaltung in Europa.
ESCRS iNovation Day 2023
Der iNovation Day, der letztes Jahr als Programmneuerung eingeführt wurde, wurde heuer mit neun verschiedene Sessions zu unterschiedlichsten Themengebieten der Ophthalmologie veranstaltet. Hier trafen sich Chirurg:innen und Industrievertreter:innen sowie Start-ups, um die Trends der Branche für die nächsten Jahre zu diskutieren. Die Themengebiete der Sessions umfassten etwa Presbyopie, korneale Erkrankungen, Glaukom, Myopie Management und die refraktive Chirurgie. Wie letztes Jahr schon war der iNovation Day eine gute Gelegenheit zum Networken und um Kontakte in der Branche zu knüpfen. Beispielsweise gab es hierfür ein gemeinsames Frühstück, einen Lunch sowie mehrere Pausen zwischen den Vorträgen. Insgesamt nahmen am diesjährigen iNovation Day 412 Delegierte teil.
Binkhorst Lecture: Im Zeichen der kornealen Regeneration
Am Samstag erfolgte die offizielle Kongresseröffnung durch den ESCRS-Präsidenten Univ.-Prof. Dr. Oliver Findl, welcher bei seiner Rede durch die ophthalmologische Geschichte Österreichs führte. Beispielsweise erwähnte Univ.-Prof. Findl
Rosa Kerschbaumer, die im 19. Jahrhundert als erste Frau überhaupt Kataraktoperationen durchführte. Prof. Jorge L. Alió aus Alicante, Spanien hielt anschließend seine Binkhorst Lecture 2023 zum Thema „Corneal regeneration: the future of corneal surgery“. Die Hauptsymposien des diesjährigen Kongresses fanden zu den Themen „Who owns ophthalmology“, „Presby-
opia game changers“, „Making our surgery greener“, „Automating eye surgery“ und „Taking care of postoperative complications“ statt und waren somit durchwegs sehr zukunftsorientiert.
Who owns ophthalmology?
Dr. Paul Rosen aus Großbritannien und Dr. Guy Sallet aus Belgien moderierten das Hauptsymposium „Who owns ophthalmology“, in dem es um wirtschaftliche Aspekte einer Augenarztpraxis sowie um einen möglichen Praxisverkauf – im Sinne eines „Exit-Szenarios“ – vor der Pension ging. Spannend war hier vor allem, dass der Umsatz sowie auch die allgemeine Reputation am ausschlaggebendsten für den Praxiswert sind. Ein gutes Praxismanagement, positive Onlinebewertungen und zufriedene Mitarbeiter können den Wert einer augenärztlichen Praxis vor einem Verkauf zusätzlich steigern.
Kongress im Zeichen von Mission Zero
Der ESCRS-Ansatz „Mission Zero“ basiert auf einer Reduktion von Abfall, Umweltverschmutzung und Emissionen rund um den Kongress. Bereits beim letzten 40. Kongress der ESCRS in Mailand wurde ein Nachhaltigkeitsprogramm geschaffen, durch das rund 64 % des Kongress-Abfalls recycelt werden konnte. Für den Kongress in Wien waren die Ziele der Gesellschaft noch höher angesetzt. Durch eine kontinuierliche Kompensation konnten fast 100 % der unvermeidbaren CO₂-Emissionen ausgeglichen werden. Zusätzlich wurde Teilnehmer:innen eine klimafreundliche Anreise nahegelegt und ein vorwiegend vegetarisches sowie veganes Speisenangebot angeboten. Durch diese Maßnahmen konnte eine 90 %-ige Reduktion von Einwegplastik auf dem ESCRS-Kongress erreicht werden.
Let’s Get Ready To Rumble
Bei der diesjährigen Veranstaltung kamen die Teilnehmer:innen in den Genuss einer weiteren Prämiere. Zum ersten Mal in der Geschichte des ESCRS-Kongresses gab es eine Diskussion zwischen Expert:innen der „anderen Art“. In einem Box-Ring fanden sich jeweils zwei Kontrahenten wieder und trugen einen Kampf mit Argumenten anstatt mit Fäusten aus. Dabei begaben sich weltweit führende Ophthalmologen in die Arena und behandelten Themen von Sustainability bis Premium-IOL-Implantation auf eine unterhaltsame Art. Ende des Kampfes konnten die Zuschauer wählen, welche:r der Kämpfern:innen die besten Argumente vorgebracht hat und eine:n Sieger:in küren. Dieses neue Format kam sowohl bei den Besucher:innen als auch bei den Veranstalter:innen sehr gut an.
Der Kongress tanzt: Ballabend in der Hofburg
Am Samstagabend wurde im stilvollen Ambiente der Hofburg eine Ballnacht für die Kongressdelegierten veranstaltet. Über 1800 Kongressteilnehmer:innen waren als Ballgäste präsent und genossen neben den wissenschaftlichen Vorträgen auch das „Wiener Ballflair“. Der Erlös der restlos ausverkauften Veranstaltung kam Augenchirurgie-Projekten in Ländern mit niedrigem Einkommen sowie auch Augenärzt:innen in der Ukraine zugute.
Die ESCRS
Die ESCRS wurde im Jahr 1991 gegründet, um die Ausbildung und Forschung im Bereich der Implantat- sowie refraktiven Chirurgie auf europäischer Ebene zu fördern. Vorrangiges Ziel des ESCRS ist es, die Forschung auf dem Gebiet der Intraokularlinsenimplantation und der refraktiven Chirurgie zu unterstützen. Die ESCRS hat derzeit über 7500 aktive Mitglieder aus rund 130 Ländern der Welt. In den letzten eineinhalb Jahren hat die ESCRS aus eigenen Beiträgen, Rücklagen und Fördermitteln sowie durch materielle Unterstützung von Firmen beziehungsweise Schwestergesellschaften mehr als 2 Millionen Euro Hilfe an 26 Augenkliniken in der Ukraine gespendet. Im gleichen Zeitraum schaffte es die Organisation auch über 400.000 Euro für Schulungen und ophthalmologische Projekte in Bangladesch, Kenia, Malawi, Mosambik, Nepal, Palästina und Südsudan bereitzustellen.◗